Austellung Schleierhaft Juni 2015

Zur Ausstellung schrieb Silvia Kiessling vom Vögele Kulturzentrum

Nicole Paris betrachtet neben dem mittlerweile klassischen Diskurs über den Schleier auch die Dimensionen der Entblössung des Körpers in der westlichen Welt. Dazu zählt sie auch die (Un-)Art sich freiwillig und repetitiv mittels chirurgischer Eingriffe immer öfter und immer rascher zu verschleiern und wieder zu entschleiern. Dabei bleibt offen, ob die Abnahme des Verbandes oder der bleibende nicht mehr ablegbare Schleier die seelische Verfassung und Verfasstheit der Trägerin widerspiegelt. Die vertiefte Beschäftigung mit emotional aufgeladenen Inhalten ist immer der erste Schritt um das persönlich Berührende zu erfassen und einen späteren kreativen Prozess auszulösen. Die Konfrontation mit verschiedenen Glaubensrichtungen auf Reisen und in der Heimat, die Beschäftigung mit der Kraft der Symbole, die euphorisierende Wirkung von Massenbewegungen aber auch die Unzahl von Nebel- und Regenschleiern hier in Ausserschwyz und die Umsetzung derselben auf die persönliche Ebene ergaben den Impuls zu dieser Serie, die vor allem eines bezweckt: Die Vielschichtigkeit des Themas aufzuzeigen, einen entspannten Umgang zu ermöglichen und auch einen humoristischen Zugang zuzulassen.

 

Der Schleier

„Ein Schleier ist eine Kopfbedeckung aus leichtem Gewebe mit meist angenähert rechteckiger Grundform und von unterschiedlicher Länge. Der Schleier kann entweder das Gesicht freilassen, auch den unteren Teil des Gesichtes bedecken oder aber das Gesicht ganz verhüllen. In der Länge kann er das Haar und den Nacken bedecken, den Oberkörper schalartig umhüllen oder als Ganzkörperschleier den gesamten Körper verbergen. Das Haar wird von einem Schleier oft nur teilweise bedeckt.“

Dies war die erste, emotionslose, gänzlich abstrakte und damit abschliessende Definition, die Nicole Paris bei Ihrer Recherche zum Thema „Schleierhaft“ fand. Nun knüpft sich die Frage „woher kommt denn nun die Aufregung“ ganz unmittelbar daran.

Seit Jahrtausenden wird der Schleier getragen, sei es zum Schutz vor Bienenstichen vom Imker, gegen den Sandsturm in der Wüste oder gegen neugierige Blicke aber durchaus auch um die Erotik der Frau zu unterstreichen. Der Schleier ist bereits für das frühe dritte Jahrtausend v. Chr. in Mesopotamien sowohl für Männer und Frauen als auch für Gottheiten belegt. Im alten Persien trennte ein Vorhang  die Frauen von den Männern. Im Gilgamesch-Epos verweist Gilgamesch auf die frühe Existenz des Schleiers. Eine weitere Vertreterin war die Muttergöttin Ninsun, die von den Sumerern auch die verschleierte Fürstin genannt wurde. Der Schleier, als umfassender Begriff auch fürs Kopftuch geltend, ist heute fast ausschliesslich dem Islam zugeschrieben. Doch war es das Christentum, das als erste Religion das obligatorische Tragen des Schleiers einführte. Im 1. Jh. ermahnt Paulus im Korintherbrief die Frauen der jungen Christengemeinde sich zu verschleiern.  Den ersten Schleier hat wohl die Natur gewoben, denn schon Heraklit beschreibt die Natur, die sich zu verschleiern sucht, sei es in Licht-, Wasser- oder Nebelschleiern.

 

 

     

    

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